Wirbel um ein angebliches Bekennerschreiben zu Anschlägen in Dresden
In den sozialen Netzen und inzwischen auch Medien, wie im ZDF-Morgenmagazin oder bei der Deutschen Presseagentur, sorgt ein angebliches Bekennerschreiben zu den Sprengstoffanschlägen in Dresden für Wirbel. Dabei hatten Szenekenner, wie Tagesspiegel-Journalist Matthias Meisner, den Text, der bereits am Dienstagnachmittag auf der Plattform Indymedia eingestellt worden war, frühzeitig als "Fake" bezeichnet. Auch die angeblichen Urheber, die Antifa Dresden und "Solidarity without limits", dementierten bei Twitter die Urheberschaft bereits am Dienstagabend.
Der Text war im Duktus von anderen Bekennerschreiben der linken Szene verfasst und am Dienstagnachmittag um 16:24 Uhr auf der Internetseite veröffentlich worden. Dabei wurden offensichtlich Textbausteine aus anderen älteren Bekennerschreiben genutzt, teilte die Dresdner Antifa mit. Zudem wird ein Zusammenhang zu "Solidarity without limits" hergestellt, ein Bündnis, das sich selbst als linksradikal bezeichnet und das am 2. und 3. Oktober Demonstrationen und Störaktionen in Dresden plant, auch diese Gruppe dementiert die Urheberschafft.
Der Text auf der Plattform Indymedia wurde nach mehreren Stunden wieder gelöscht, da es sich offensichtlich um eine Fälschung handelt. Prinzipiell kann dort jeder anonym Texte einstellen, wie auch dieser verlinkte Test-Text belegt, dementsprechend auch gefälschte Bekennerschreiben.
Der Sprecher der Dresdner Generalstaatsanwalt Wolfgang Klein sagte bei uns im Interview bezüglich solcher Bekennerschreiben: "Gerade bei aufsehenerregenden Straftaten kommt es leider immer wieder vor, dass Trittbrettfahrer versuchen, daran zu partizipieren. Das erfordert größte Sorgfalt bei der Auswertung und man muss vorsichtig sein bei der Bewertung, bevor nicht endgültige Ergebnisse vorliegen. Genau so gehen wir auch vor."
Bereits in der Vergangenheit wurden entsprechende Bekennerschreiben gefälscht, es handelt sich dabei um Propaganda-Tricks, um der politischen Gegenseite die Verantwortung in die Schuhe zu schieben. Selbst wenn das Schreiben schnell als "Fake" entlarvt wird, ist es zunächst im Netz und wird tausendfach als Screenshot insbesondere auf extremistischen Seiten geteilt. Auch Pegida-Gründer Bachmann verbreitete das vermeintliche Bekennerschreiben mit dem Hinweis, dass er aus Ermittlerkreisen des Operativen Abwehrzentrums erfahren habe, dass der Text bereits geprüft wird.
Durch das Interview im ZDF-Morgenmagazin und eine Meldung der Deutschen Presseagentur findet das Thema dann seinen Weg in die bundesweite Medienlandschaft, läuft im roten Band bei Sendern wie N-TV.
Vergleiche dazu den DPA-Text von 08:41 Uhr:
Nach den Sprengstoffanschlägen in Dresden liegt nach
Angaben des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) ein
Bekennerschreiben vor. Die Echtheit werde noch geprüft, sagte Ulbig
am Mittwoch im ZDF-«Morgenmagazin». Das Schreiben sei auf der
Internetseite «linksunten.indymedia.org» veröffentlicht worden,
Experten hätten es gesichert, sagte Ulbig. Inzwischen sei es dort
wieder entfernt worden. Wer sich in dem Schreiben zu den Anschlägen
bekannt haben soll, sagte der CDU-Politiker nicht.
Kommentar der Redaktion
Festzuhalten bleibt: jeder Hinweis zu einer Straftat muss geprüft werden, auch ein angebliches Bekennerschreiben. Allerdings ist an manchen Punkten - wir schließen uns als Redaktion dabei auch mit ein - etwas weniger Aufgeregtheit und zumindest ein Mindestmaß an Recherche, an Überprüfung der Fakten und Plausibilität sowie eine Einordnung notwendig, um nicht selbst Teil von Propaganda-Aktionen zu werden. Sei es von Links- oder Rechtsextremen oder anderen Kräften.
(Korrektur: Im Text wurde Solidarity without limits als "linksextrem" bezeichnet. "Solidarity without limits" bezeichnete sich in einer Pressemitteilung vom 25.07. als "linksradikales Bündnis". Wir haben den Passus nach einem Hinweis via Twitter entsprechend korrigiert.)
Audio:
Wolfgang Klein von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden hören