Protest gegen Flüchtlingsunterbringung an Schule
Der Landeselternrat sowie der Schulelternrat der 89. Grundschule in Dresden kritisieren die Unterbringung von Flüchtlingen in unmittelbarer Schulnähe. Die Sicherheit der Kinder könne nicht zu 100% gewährleistet werden, kritisiert der Elternrat.
Am Freitag hatte die Stadtverwaltung mitgeteilt, dass sie zu Beginn der Herbstferien an der Boxberger Straße in Prohlis 150 Flüchtlinge in einem leerstehenden Schulgebäude unterbringen will. Direkt daneben werden allerdings noch bis Februar 230 Kinder der 89. Grundschule unterrichtet. Sie nutzen das Gebäude als Ausweichquartier, da in ihrer Schule gebaut wird. Der Pausenhof soll durch einen Bauzaun getrennt werden. Der Landeselternrat forderte Stadt und Politik auf, die Entscheidung zu revidieren.
Stellungnahme des Landeselternrates (PDF)
Die Dresdner Stadtverwaltung teilte auf Anfrage zu den Plänen in Prohlis folgendes mit:
Ich habe vollstes Verständnis für die Sorgen der Eltern. Die Stadt muss allerdings an der Boxberger Straße Haus A als Flüchtlingsunterkunft festhalten. Wöchentlich erreichen die Stadt bis zu mehrere hundert Flüchtlinge, die kurzfristig eine Unterkunft benötigen. Der Freistaat Sachsen geht von 5.365 Neuzuweisungen in diesem Jahr allein für Dresden aus. Im leeren Schulgebäude an der Boxberger Straße sollen bis zu 150 Asylsuchende unterkommen, ohne dass der Schulbetrieb im Nebengebäude Änderungen erfährt oder Unterricht ausfällt.
Die Stadt bereitet das Gebäude in dieser Woche baulich vor. Dazu wird der Schulhof mit einem Zaun so geteilt, dass Grundschule und Hort weiter ihren eigenen Schulhof haben. Grundschule und Sportvereine können die Sporthalle und Freianlagen weiterhin nutzen. Das Schulverwaltungsamt prüft zurzeit noch, ob die Haltestelle des Schulbusses verlegt werden kann, damit die Grundschülerinnen und -schüler auf kurzem Weg ins Schulhaus gelangen. In sensiblen Bereichen wird ein Sichtschutz zwischen Flüchtlingsunterkunft und Schulgebäude eingerichtet.
Zur Zeit lässt die Stadt die sanitären Anlagen im Haus A sanieren, was noch
bis November 2015 andauern wird. Um eine Nutzung der Sanitäranlagen in der
Turnhalle zu vermeiden, will die Stadt kurzfristig Container für WCs und
Duschen aufstellen.
Der durch den Elternbrief am Freitag begonnene Dialog mit der Elternschaft
wird heute fortgesetzt. Ab 19.30 Uhr trifft sich Bürgermeister Dr. Lames
mit Vertretern der Schul- und Hortleitung sowie des Schulelternrates.
Unabhängig hiervon beschäftigt sich der Ortsbeirat Prohlis in seiner
heutigen Sitzung explizit mit dem Thema Asyl. Sozialbürgermeisterin Dr.
Kris Kaufmann wird gemeinsam mit der Leiterin des Sozialamtes, Dr. Susanne
Cordts, an der Sitzung des Ortsbeirates Prohlis teilnehmen und über die
aktuelle Situation informieren.
Pöbeleien und Proteste in Prohlis
Am Montagabend versammelten sich mehrere hundert Menschen bei der Sitzung des Prohliser Ortsbeirates in, vor und hinter dem Bürgeramt. Sie verfolgten die Schilderungen von Vertretern der Stadt und des Elternrates zur Situation. Die neue Sozialbürgermeisterin Kris Kaufmann verwies auf Großröhrsdorf, wo eine solche Asylunterkunft an einer Schule funktioniert. "Lüge, Lüge" schallte es ihr aus dem Saal entgegen. Angetrunkene Pöbler am Saaleingang riefen u.a. "Haut ab", "es klatscht gleich" und "Dreckshure" oder "Hier wird es Krieg geben".
Audio:
Bildungsbürgermeister Peter Lames hören
Drinnen äußerte der Elternrat sachlich seine Vorbehalte gegen den Asylstandort, listete Brandschutzmängel detailliert auf, beschrieb katastrophale hygienische Zustände. Sozialbürgermeisterin Kaufmann sagte, die Unterbringung sei noch in der Prüfung. Sie erntete dafür höhnisches Gelächter. Das sei doch schon beschlossene Sache. Die Stadt sicherte in der Sitzung des Ortsbeirates zu, dass die Sanitäranlagen in der Sporthalle nicht für die Asylunterkunft genutzt werden, es würden Duschcontainer aufgestellt.
"Die Schule brennt"
Als am Himmel eine Rauchsäule aufstieg, rannten einige Teilnehmer johlend und unter Beifall Richtung Boxberger Straße. "Die Schule brennt", dieses Gerücht machte schnell die Runde. Der Brand stellte sich dann als Garagenbrand am weiter entfernten S-Bahnhof Niedersedlitz heraus.
Bis in den späten Montagabend hatten sich vor der Schule etwa 60 teils erheblich alkoholisierte Personen eingefunden. Polizeibeamte mussten dieser Gruppe den Zugang zur Schule verwehren. In der Folge wurde die Stimmung aggressiver. Es kam zu einem Flaschenwurf auf die Beamten, wobei eine Polizistin leicht verletzt wurde.
Der Aufforderung den Ort zu verlassen kamen die Personen nur sehr zögerlich nach. Einzelnen Rädelsführern aus der Gruppe wurden Platzverweise erteilt, teilte die Polizei mit. In diesem Zusammenhang kam es zu weiteren Flaschenwürfen auf die Beamten. Insgesamt mussten fünf Personen in Gewahrsam genommen werden. Im Umfeld waren durch Unbekannte zudem mehrfach Böller gezündet worden. Insgesamt hat die Polizei in vier Fällen Ermittlungen wegen Körperverletzung sowie gefährlicher Körperverletzung aufgenommen. Daneben gab es zwei Anzeigen wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte sowie eine Anzeige wegen Beleidigung.
"Ich melde mein Kind krank"
In der Schule erläuterten zeitgleich die Verantwortlichen von der Stadtverwaltung den versammelten Eltern hinter verschlossenen Türen die Pläne für die Asylunterkunft. Ein Vater sagte am Rande: "ich melde mein Kind krank." Bis spätestens Sommer 2016 solle das Gebäude wieder frei sein, versprach Schulbürgermeister Lames im Interview bei uns.
(Redaktioneller Hinweis: Der Artikel wurde um die Polizeiangaben zu den nächtlichen Auseinandersetzungen vor der Schule ergänzt.)
Schulbürgermeister Peter Lames im Interview hören: