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  • Bereits im Juni 2020 protestierten Selbstständige aus dem Kulturbereich unter dem Motto "Ohne uns ist es still" gegen die Corona-Maßnahmen. Jetzt regt sich Widerstand wegen der Rückzahlung der Corona-Hilfen
  • Handwerkskammer-Präsident Jörg Dittrich kritisiert die Rückforderungen der Corona-Hilfen

Wegen Corona-Rückzahlungen: Handwerk & Selbständige laufen Sturm

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Tausende Soloselbständige und Kleinstunternehmer im Freistaat mussten erstmal tief Luft holen, als sie in den letzten Monaten und Wochen diesen Brief aus der Post holten. Aufgrund „des sorgsamen Umgangs mit Steuergeldern“ überprüft die Sächsische Aufbaubank (SAB) derzeit für den Bund die Rechtmäßigkeit der Corona-Hilfen von 2020.

Zur Erinnerung: „Unternehmen mit bis zu fünf Angestellten konnten bis zu 9000 Euro beantragen, Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten sogar bis zu 15.000 Euro“, erklärt Volker Stößel, Sprecher der SAB. 84.000 Anträge gingen damals ein, 673 Millionen Euro wurden ausgezahlt. Und Millionen müssen nun wohl auch wieder zurück gezahlt werden! 2300 Antragsteller überwiesen bereits 15 Mio. Euro.

Die einst unbürokratische Soforthilfe entpuppt sich bei der Überprüfung nun als bürokratisches, kompliziertes Online-Verfahren mit jeder Menge Fallstricken. Zum einen müssen Monatsgenau Einnahmen und Ausgaben angegeben werden, wobei aber Lebenshaltungskosten,die Selbständige von ihren Einnahmen bestreiten mussten, nicht mit angerechnet wurden. 

Umdenken gefordert

Das empört sowohl Handwerker als auch Selbstständige. Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden: „Die Forderungen nach einer Rückzahlung der Corona-Soforthilfen sind für viele kleine Betriebe im Handwerk aktuell existenzgefährdend. Die strengen Modalitäten, mit denen das damals ausgezahlte Geld nun schnell zurückgezahlt werden soll, stellen insbesondere für Solo-Selbstständige eine derart große Hürde dar, dass die Handwerker ein weiteres Mal um ihre Geschäfte und Unternehmen bangen. Daher ist an dieser Stelle der Freistaat gefordert. Es braucht einen Paradigmenwechseln bei der Rückforderung der Corona-Soforthilfen des Freistaates, will das Land nicht die Betroffenen – gefährdet sind insbesondere Friseure und Kosmetiker - in die Insolvenz treiben. Es muss dringend eine Lösung gefunden werden. Die Verärgerung der betroffenen Unternehmen ist schon heute, verständlicherweise, groß.“

Auch Frank Bösemüller, Chef des  Bundes der Selbstständigen Sachsen sagt: „Ich hatte mich damals schon mit dem Kieler Weltwirtschaftsinstitut in Verbindung gesetzt, die damals die Unterlagen für die Corona-Soforthilfen ausgearbeitet hatten. Weil ich gesagt hab, dass das ein Riesenproblem wird, wenn die Lebenshaltungskosten rausgenommen werden. Da ein Soloselbständiger in der Regel nicht zur Arbeitsagentur geht und dort Anträge stellt.“ Das Hauptproblem sei heute, sobald jemand Geld zur Lebensunterhaltung verwendet habe, „fällt das aus der Förderung raus“, so Bösemüller weiter. Er hielte es für „anständig“, die Leute „einfach in Ruhe zu lassen.“

18 Corona-Gesetze

Seine Organisation helfe zwar bei den SAB-Bescheiden, allerdings machen es die vielen Corona-Regeln rechtlich auch schwierig, gegen eine Rückzahlung vorzugehen: „Nach unseren Recherchen sind die Gesetzestexte 18 Mal geändert worden, was auch die juristische Auseinandersetzung erschwert, weil man ja letztendlich nachweisen müsste, welches Gesetz zu welchem Tag erschienen ist und geändert wurde.“

Handwerkskammer-Präsident Dittrich ergänzt: „Während Angestellte Kurzarbeitergeld erhielten, schauten Unternehmer als Arbeitgeber ins Leere. Dabei wurden die seinerzeit bewilligten Gelder von ihnen zum Erhalt der sozialen Absicherung und der privaten Lebenshaltung verwendet. Nun, fünf Jahre später, erfahren die Betriebsinhaber im Rahmen des Rückmeldeverfahrens und des Schlussbescheides, dass sie das erhaltene Geld vollständig zurückzahlen müssen. Dies ist nicht vermittelbar“.

Er mahnt nun erneut die Politik an und hat „mit einem Schreiben an die Sächsische Staatskanzlei und das Sächsische Wirtschaftsministerium  auf die erheblichen Belastungen der Klein- und Kleinstunternehmen und ihre prekäre Lage hingewiesen.“

Laut Sächsischer Aufbaubank reichte nach eigenen Angaben insgesamt rund 3,5 Milliarden Euro an sächsische Unternehmen aus - 2,1 Milliarden Euro allein an Corona-Hilfen aus den Bundesprogrammen Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen. Hinzu kamen besagte Soforthilfezuschüsse für Soloselbständige und Kleinstunternehmen über 673 Mio. EUR sowie weitere 752 Mio. EUR als Förderdarlehen.