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  • Meissen Keramik will die Produktion in Meißen einstellen. (Foto: PR)
    Meissen Keramik will die Produktion in Meißen einstellen. (Foto: PR)
  • (Foto: PR)
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Meissen Keramik will Produktion einstellen und 100 Jobs streichen

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Der Mutterkonzern des Wandfliesenherstellers "Meissen Keramik", Cersanit, will zwei Drittel aller Stellen in Deutschland streichen und die Produktion von Wandfliesen am Standort Meißen einstellen. Bis zu 100 Stellen sollen in Meißen wegfallen, kündigte der polnische Mutterkonzern Cersanit in einer schriftlichen Mitteilung an.

20 Logistikmitarbeiter sollen am Standort Meißen bleiben, ebenso 30 Vertriebs- und Kundenservicemitarbeiter in Oberhausen. Begründet wird der geplante Stellenabbau mit internationalem Wettbewerbsdruck aus Osteuropa und Asien und der unprofitablen Produktion. Man trete nun in Verhandlungen mit dem Betriebsrat.

Meissen Keramik ist vor über 150 Jahren gegründet worden, jährlich sind in Meißen nach Unternehmensangaben 2,8 Millionen Quadratmeter Fließen produziert worden. 2013 ist das Unternehmen übernommen worden, nach mehreren Investitionen ist zuletzt im Jahr 2018 der Logistikstandort Niederau geschlossen worden. Nun soll die Produktion in Meißen eingestellt werden.

Gewerkschaft von Schließung überrascht

Bei der Gewerkschaft IG BCE, die auch für Keramik-Produktion zuständig ist, zeigte man sich überrascht. Man sei nicht informiert worden, teilte der zuständige Gewerkschaftssekretär auf unsere Anfrage mit. Eine offizielle Stellungnahmen der Gewerkschaft ist für Donnerstag geplant.

Die vollständige Mitteilung von Cersanit:

Die Cersanit S.A., internationaler Hersteller von Wand- und Bodenfliesen sowie Sanitärprodukten mit Hauptsitz in Kielce, Polen, muss seine Aktivitäten in Deutschland an die Marktentwicklung anpassen. Die Unternehmensgruppe (insgesamt 7.000 Mitarbeiter) unterhält aktuell eine Produktions- und Vertriebsgesellschaft mit insgesamt 150 Mitarbeitern an verschiedenen Standorten in Deutschland (Meissen Keramik). Weitere Tochtergesellschaften von Cersanit befinden sich in Polen, Russland, der Ukraine und Rumänien. In Meißen produziert das Unternehmen einfache Keramik-Wandfliesen. Aufgrund des zunehmend hohen internationalen Wettbewerbsdrucks in diesem Markt hat das Unternehmen in den letzten Jahren bereits Produktionskapazitäten für Wandfliesen in Polen, dem Heimatland von Cersanit, um 25 Prozent abgebaut. Bedingt durch die anhaltende Marktentwicklung ist die deutsche Produktion in Meißen seit Jahren unprofitabel. Die Geschäftsführung von Cersanit plant
dementsprechend, die Aktivitäten in Deutschland zu restrukturieren und die Produktion in Meißen einzustellen. Rund 100 Arbeitsplätze in Meißen können von der Schließung, die Gegenstand weiterer Verhandlungen mit dem Betriebsrat sein wird, betroffen sein. Die Logistik-, Vertriebs- und Kundenserviceaktivitäten von Cersanit in Deutschland (20 Mitarbeiter in Meißen und 30 in Oberhausen) bleiben erhalten.

Der Markt für Keramik-Fliesen in Deutschland unterliegt einem zunehmenden Wandel. In den letzten Jahren ist die Nachfrage stetig gesunken (zwischen 2015 und 2018 um 12 Prozent; Schätzung, basierend auf Daten der European Ceramic Association etc.). Es ist davon auszugehen, dass sich dieser negative Trend fortsetzt (weiterer Nachfrage-Rückgang um 10 Prozent bis 2020 bei gleichbleibender Veränderungsgeschwindigkeit). Gleichzeitig ist der Markt durch einen wachsenden Wettbewerbsdruck gekennzeichnet. Insbesondere internationale Wettbewerber aus Niedriglohnländern (Asien, Osteuropa) drängen auf den deutschen Markt. So hat sich
beispielsweise der Import von Keramikfliesen von Indien nach Europa seit 2015 mehr als vervierfacht (European Ceramic Industry Association etc.), während die Herstellkosten in Indien inkl. Transport um mehr als 40 Prozent geringer sind als in Deutschland. Parallel werden im Ausland die Produktionskapazitäten erweitert. So haben sich etwa in der Ukraine die Produktionskapazitäten für Keramikfliesen seit 2010 verdoppelt, während die Inlandsnachfrage in der Ukraine nur etwa die Hälfte dieser Kapazitäten abdeckt. Auch negative Währungseinflüsse wirken sich auf den deutschen Markt aus: Rund 10 Prozent der in Deutschland verkauften Keramikfliesen werden aus der Türkei importiert; gleichzeitig hat sich der Kurs der türkischen Lira gegenüber dem Euro zwischen 2014 und 2018 mehr als halbiert.

Diese sich gegenseitig verstärkenden Entwicklungen – abnehmende Nachfrage, steigender Kostendruck und wachsende Produktionskapazitäten im Ausland – wirken sich erheblich auf die Produktion von Keramik-Fliesen bei Cersanit aus. So hat das Unternehmen in den vergangenen
Jahren (2015 bis 2018) seine Produktionskapazitäten für Wandfliesen im Heimatland Polen bereits um rund 25 Prozent reduziert. Trotz dieser Maßnahme ist die Profitabilität des Produktionswerks in Meißen seit 2015 negativ. Die Verluste hier haben sich inzwischen auf mehrere Millionen Euro zwischen 2016 und 2018 erhöht. Aufgrund dieser Entwicklungen plant die Geschäftsführung von Cersanit, die Aktivitäten in Deutschland zu restrukturieren und die Produktion in Meißen einzustellen. Diese Entscheidung wird Gegenstand entsprechender Verhandlungen mit dem Betriebsrat sein. „Wir bedauern diesen Schritt, halten ihn aber nach den Entwicklungen der letzten Jahre für unvermeidbar. Wir sind uns unserer sozialen Verantwortung sehr bewusst und werden mit dem Betriebsrat nach Lösungen suchen, die möglichst sozialverträglich sind“, sagte Artur Plewniak, Produktionsleiter der Cersanit S.A. Die Gespräche mit dem Betriebsrat sollen baldmöglichst beginnen. Cersanit hatte das Unternehmen im Jahre 2013 übernommen.