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  • (Foto: © Straßengezwitscher/Streetcoverage
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Dresdner Polizei zieht selbstkritisches Fazit nach 13. Februar

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Die Dresdner Polizei hat nach dem 13. Februar ein selbstkritisches Fazit gezogen. Beim Einsatz auf dem Altmarkt seien Fehler gemacht worden, teilte Polizeisprecher Thomas Geithner auf unsere Anfrage. Man sei von den Gegendemonstranten überrascht worden und habe Gerangel und Tumulte nicht verhindern können.

Den Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray an einem sensiblen Datum wie dem 13. Februar verteidigte Geithner. Er bestätigte auch, dass ein Pressefotograf von einem Polizisten wegen des Einsatz eines Blitzes wegen Körperverletzung angezeigt worden sei. Auch das Rauchen von Polizisten in der Polizeikette, was im Nachgang kritisiert wurde, entspräche nicht dem Verständnis der Polizei, teilte Geithner mit.

Wir dokumentieren hier das vollständige Interview, dieses kann auch hier als PDF heruntergeladen werden:Fehler beim Einsatz

Sind beim Einsatz abends am Altmarkt aus Sicht der Polizei Fehler gemacht worden?

Ja.

Kritikpunkt 1: Wir haben uns von den Gegendemonstranten überraschen lassen und konnten deren Eindringen in den Versammlungsraum der AfD Veranstaltung nicht verhindert. Dadurch entstand das Gerangel und der Tumult.

Kritikpunkt 2: Wir hatten Erkenntnissen (aus den Sozialen Medien und vor Ort), wonach aus dem Teilnehmerkreis der Gegendemonstranten zu Störungen der AfD Veranstaltung aus Richtung Wilsdruffer Straße und auch das stille Gedenken auf dem Neumarkt aufgerufen wurde. Um ein neuerliches Aufeinandertreffen größerer Personengruppen in unserem Rücken zu verhindern, haben wir uns daher entschlossen, dass nur Personengruppen in einer Größe bis zu fünf Personen unsere Sperre passieren können. Wir nennen so etwas „kontrollierter Abgang“.

Im Nachgang betrachtet, wäre ein Verzicht auf die Fahrzeugsperre an der Seestraße besser gewesen, da sich so nicht der Druck auf die Absperrung aufgebaut hätte und es nicht zum Aufstauen der Personen gekommen wäre. Damit hätte sich vermutlich auch die Stimmung nicht so hochgeschaukelt.

Hätte man das doch sehr unübersichtliche Geschehen, durch ruhiges Vorgehen (erst eine Kette mit Fahrzeugen bilden, dann Blockierer am Platz ruhig ansprechen und nach und nach vom Platz bringen) die Lage anders angehen können?

Nein. Wir hatten es eben nicht mit Blockierern und damit einer statischen Lage zu tun, die ein ruhiges Vorgehen oder Ansprechen möglich gemacht hätte. Ganz im Gegenteil. Durch das plötzliche (und meines Erachtens auch geplante) Eindringen in den Versammlungsraum der AfD kam es zu den schon beschriebenen Tumult und einer sehr hektischen, dynamische Situation. Eine Trennung der beiden Lager musste sofort erfolgen. Das Abdrängen war das einzig geeignete und noch dazu auch mildeste Mittel, um die Situation wieder zu beruhigen.

Wieso ist Personen am Altmarkt/Altmarktgalerie über 45 Minuten der Abgang verwehrt worden?

Das stimmt so nicht. Ein Verlassen war über einen längeren Zeitraum grundsätzlich möglich. So hat sich auch über die Hälfte der ursprünglichen Versammlungsteilnehmer problemlos vom Altmarkt entfernt. (lässt sich über Social Media auch gut nachvollziehen) Dann gab es aber die bereits genannten Erkenntnisse, dass aus dem Teilnehmerkreis heraus aufgerufen, die AfD Veranstaltung aus Richtung Wilsdruffer Straße und auch das stille Gedenken auf dem Neumarkt zu stören. Um ein neuerliches Aufeinandertreffen größerer Personengruppen in unserem Rücken zu verhindern, haben wir uns daher entschlossen, dass nur Personengruppen in einer Größe bis zu fünf Personen unsere Sperre passieren können. Diese Einschränkung wurde jedoch nicht von allen akzeptiert, sodass es mehrmals größere Personengruppen versuchten unsere Absperrung zu durchbrechen. In dieser Phase, ca. 15 Minuten, haben wir natürlich niemanden mehr durchgelassen.

Wird oder wurde der Einsatz ausgewertet? In welcher Form?

Die Auswertung von Polizeieinsätzen gehörte zur Routine der Dresdner Polizei. Eine erste Auswertung gibt es bereits am Einsatztag. Gibt es darüber hinaus den Bedarf einer ausführlichen Nachbereitung, so wie gestern, gibt es in der Folge weitere Besprechungen mit den konkret handelnden Einheiten.

Welche Beamten waren dort beteiligt (PD Dresden, Bereitschaftspolizei, externe Beamte)?

Es handelt sich grundsätzlich um einen Einsatz der Polizeidirektion Dresden, wodurch wir auch grundsätzlich die Verantwortung tragen. Auf dem Altmarkt gehandelt hat in erster Linie die Bereitschaftspolizei.

Welche Vorgaben gibt es bezüglich des Themas Rauchens im Dienst bzw. dann auch im speziellen in der Kette?

Eine konkrete Regelung gibt es dafür nicht. Es entspricht aber nicht unserem Verständnis von professioneller Polizeiarbeit.

Angriff auf Journalisten

Mehrere Journalisten berichteten, dass mindestens zwei bekannte Rechtsextremisten sie gezielt attackiert hätten. Einer von ihnen soll sich im Nachgang 1-2 Minuten mit einem Beamten unterhalten haben, wird der Sache nachgegangen? War oder ist bekannt, dass sich gewaltbereite Rechtsextreme unter die TN der AfD-Versammlung mischten?

Personenbezogene Auskünfte dürfen wir nicht erteilen. Das Gespräch eines Beamten mit einem Versammlungsteilnehmer stellt nicht per se ein Problem dar. Entscheidend ist der Gesamtkontext bzw. der Inhalt des Gespräches. Dazu liegen uns keine Erkenntnisse vor. Da wir als Polizei keinen Beobachtungsauftrag haben, erfassen wir nicht, ob Links- oder Rechtsextreme zu Versammlungsteilnehmern gehören."Hoffentlich schlägt er hart zu"

Die DNN schrieben zu dem Einsatz: „Einige Beamten machten während dieser Minuten keinerlei Hehl aus ihrer Abneigung gegenüber den Gegendemonstranten. Als ein DNN-Mitarbeiter einen Beamten darauf hinwies, dass ein AfD-Sympathisant auf einen Menschen in der Sitzblockade einschlug, antwortete dieser: “Hoffentlich schlägt er hart zu.„

Wird der Sache nachgegangen? In welcher Form? Hat sich der Beamte einer Straftat schuldig gemacht, wenn die Äußerung so fiel? Geht ein solches Verhalten nicht über “Einsatzphilosophie„ hinaus, sondern könnte strafbar sein?

Dazu haben wir bereits während des Einsatzes Stellung bezogen. Wenn es so gewesen ist, dann stellt die Aussage auf jeden Fall einen Verstoß gegen unser Neutralitätsgebot dar, was disziplinarrechtliche Schritte zur Folge hat. Auch eine Strafvereitelung steht im Raum, wenn er der Strafverfolgung bewusst nicht nachgekommen wäre.

Werden die Beamten vor so einem Einsatz ans Neutralitätsgebot erinnert?

Das Neutralitätsgebot ist immer Bestandteil unserer Leitlinien und des Einsatzbefehls. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Eine zusätzliche “Erinnerung„ sollte nicht erforderlich sein. Der bedauerliche Fall von gestern sollte auch nicht auf die gesamte Polizei als Standard übertragen werden.

Die Schwierigkeit ist außerdem, dass keiner diese (anonyme) Behauptung/Vorwurf überprüfen kann. Ich hätte mir gewünscht, der Mitarbeiter der DNN hätte Kontakt mit uns aufgenommen (die Pressestelle war schließlich auf dem Altmarkt präsent), und wir hätten an Ort und Stelle reagieren und auch den Beamten ansprechen können. Das können wir nun nicht mehr nachholen. Dadurch ist sehr fraglich, ob wir aufhellen können, was an dem Vorwurf dran ist.

Der Landtagsabgeordnete Lippmann berichtete: “Polizist verweigert mir Name/Dienstausweis auch nach Benennung der Rechtsgrundlage. Bitte ihn mir seinen Vorgesetzten zu zeigen/holen. Antwort: "Den kann ich nicht zeigen, die sehen alle gleich aus" Wie sind die Vorgaben für solche Fälle? Wie soll man als Bürger damit umgehen, wenn sich kein Beamter ausweisen will?

Das sächsische Polizeigesetz regelt die Ausweispflicht von Polizeibeamten. In § 8 SächsPolG heißt es: Auf Verlangen des Betroffenen haben sich Bedienstete der Polizeibehörden und des Polizeivollzugsdienstes auszuweisen. Das gilt nicht, wenn die Umstände es nicht zulassen oder dadurch der Zweck der Maßnahme gefährdet wird.

Knackpunkt 1: Der Fragende muss selbst Betroffener einer polizeilichen Maßnahme sein. Allein der Abgeordnetenstatus ist kein Kriterium.

Knackpunkt 2: Die aktuellen Umstände müssen es zulassen, also in einem Tumult ist es logischerweise nicht möglich. Diese Einschränkung ist allerdings die absolute Ausnahme. Und spätestens nach Ende der Maßnahme sollte der Ausweispflicht im Regelfall nachgekommen werden können.

Eine Pflicht seinen Vorgesetzten zu holen gibt es nicht, wäre aber problemlos möglich und auch sinnvoll. Wenn es sich für den Bürger vor Ort nicht klären lässt, bleibt noch der Weg einer förmlichen Beschwerdebei uns oder der unabhängigen zentralen Beschwerdestelle im Innenministerium.

Schlagstock-Einsatz am 13. Februar

Ist der Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray ausgerechnet an einem Tag wie dem 13. Februar nötig gewesen? Gab es keine alternativen, die Situation zu klären? Wie sind die Einsatzkräfte dahingehend im Vorfeld gebrieft worden? Wer gab dann die Anweisung, unmittelbaren Zwang, auch mit Schlagstock, auszuüben?

Nein. Ein Datum kann nicht entscheidend sein, ob wir solche Mittel einsetzen oder nicht. Die konkrete Situation gibt es vor. Der einzelne Polizist darf Mittel des unmittelbaren Zwangs einsetzen, wenn es rechtlich begründbar ist. Die Polizei hat das Gewaltmonopol inne. Heißt im Umkehrschluss: Setzt er es ohne rechtliche Grundlage ein, muss er sich dafür verantworten.

Auch wenn die direkte Anweisung eines Vorgesetzten nicht erforderlich ist, ist sie dennoch möglich. So war beispielsweise das gestrige Abdrängen auf dem Altmarkt mittels unmittelbaren Zwangs eine Entscheidung des Abschnittführers.

In der Bilanzpressemitteilung war von Pfefferspray eines 67-Jährigen gegenüber zwei Polizisten die Rede. Auf Videos ist zu sehen, wie am Altmarkt auf Gegendemonstranten Pfefferspray gesprüht wird (Polizisten stehen aber direkt daneben und führen denn Mann dann ab). Waren das zwei Vorfälle oder wurde das nur verkürzt wiedergegeben?

Es war der gleiche Vorfall. Der 67-Jährige wollte mit seinem Pfefferspray Gegendemonstranten treffen. Da wir dazwischen standen, haben wir es abbekommen. Insofern war unsere Darstellung verkürzt.

Strafanzeige gegen Fotografen wegen Fotoblitz

Wird der Einsatz eines Blitzes eines Fotografen als Körperverletzung betrachtet? Ein Fotograf hatte nach eigenen Angaben wohl dahingehend Probleme?

Der Beamte hat Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet.

Ist gegen den Anmelder der Hope-Demo Anzeige erstattet worden?

Anzeigen gegen Versammlungsanmelder sind uns nicht bekannt.

Interview hier als PDF downloaden
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