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Dresden stoppt Radexperiment am Blauen Wunder

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Das Radexperiment am Blauen Wunder in Dresden ist gescheitert. Oberbürgermeister Dirk Hilbert zog am Dienstag die Notbremse und entschied, dass der Verkehrsversuch vorzeitig beendet wird.

„Der Grund für diese Entscheidung sind die Ergebnisse der ersten Woche, die zwar eine Verbesserung der Situation für Radfahrer und steigende Nutzerzahlen zeigen, gleichzeitig aber auch dramatische Auswirkungen auf den übrigen Verkehr. Wir haben gesehen, dass es besonders im morgendlichen Berufsverkehr der private und Dienstleistungsverkehr ebenso wie der ÖPNV sehr lange im Stau steht“, so Hilbert.

Allerdings sollen die umstrittenen Radstreifen nicht sofort verschwinden, sondern erst bis Ende der nächsten Woche. Grund sind die notwendigen Vorbereitungen zur Entfernung der Markierungen.

Statt wie ursprünglich geplant am 16. Juni endet der Verkehrsversuch nun am Sonntag, 28. April 2024. Das wurde am Dienstag, 16. April 2024, von Oberbürgermeister Dirk Hilbert gemeinsam mit dem zuständigen Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn in der Dienstberatung entschieden.

Zusätzliche Kosten entstehen durch das vorzeitige Ende des Verkehrsversuchs aller Voraussicht nach nicht, heißt es aus dem Rathaus.

Daten zeigen: Negative Auswirkungen überwiegen

Seit Montag vergangener Woche führen im Rahmen eines Verkehrsversuches erstmals Radwege über das Blaue Wunder. Dafür ist eine Fahrspur für Autos weggefallen. Das sorgte für jede Menge Stau und anhaltende Kritik.

Die Situation ist für viele Verkehrsteilnehmer ärgerlich, für Handwerker und mobile Pflegedienste in ihren eng getakteten Zeiten. Die gesetzlich vorgegebenen Einsatzfristen der Rettungsdienste und des kassenärztlichen Notdienstes können nicht eingehalten werden.

Auch das Einhalten von Arztterminen stellte sich für viele Seniorinnen und Senioren, die nach Blasewitz bzw. in die Innenstadt müssen, als schwierig bis unmöglich heraus. Die Fahrzeitverlängerungen der Buslinien 61 und 63 verbesserten sich zwar im Laufe der ersten Woche, betragen vor allem an Montagen bis zu 22 Minuten und haben das vorher festgelegte Abbruchkriterium von 12 Minuten damit deutlich überschritten. Nicht zuletzt verursachte der Rückstau des Verkehrs auf beiden Elbseiten erhebliche Belastungen für die Anwohner und ist mit dem Dresdner Luftreinhalteplan nicht vereinbar.

Der Test sollte eigentlich mehrere Wochen dauern. Weil es jedoch schon am ersten Versuchstag zu massivem Stau kam, wurde von vielen Seiten ein sofortiger Abbruch gefordert. Der Fahrradclub ADFC und Grünen setzten sich dagegen für ein Fortsetzen des Tests ein.

Reaktionen aus der Stadtpolitik

„Wir bedauern, dass wir in dieser Stadt nicht die Geduld aufbringen, den Verkehrsversuch fachgerecht abzuwarten. Die Staulängen hatten sich bereits erheblich verkürzt und es ist fachlich unstrittig, dass es länger dauert als eine Woche, damit der Verkehr sich neu sortiert“ so Susanne Krause, mobilitätspolitische Sprecherin der Grünen.

Erleichterung dagegen bei den Linken, die auch einen Abbruch gefordert hatten: "Die Verzögerungen für den ÖPNV sind zu groß, die Staus haben keine Alternativrouten. Die paar Alternativrouten waren ebenfalls überfordert. Dabei haben wir noch kein besonders schlechtes Wetter und keine weitere Komplikation, wie eine Baustelle, einen Unfall oder sonst eine Störung auf den Straßen gesehen. Auch für den Radverkehr gab es keine durchgängig befriedigende Lösung. Der Abbruch des Versuches ist also die folgerichtige Entscheidung", erklärt Linken-Stadtrat Tilo Wirtz.

Die FDP-Fraktion im Dresdner Stadtrat hatte die Maßnahme von Anfang an kritisiert und begrüßt das Einlenken der Verwaltung. Der Fraktionsvorsitzende Robert Malorny meint dazu: „Es hat lang genug gedauert, aber es ist gut, dass der Verkehrsbürgermeister zur Einsicht gekommen ist. Wenn ein Experiment nicht funktioniert und wie hier den Verkehr für Autofahrer ebenso wie für den ÖPNV lahmlegt, dann muss das nicht auf Teufel komm raus durchgeboxt werden.“

Holger Zastrow vom Wählerbündniss "Team Zastrow" fordert Aufklärung und die Übernahme von Verantwortung durch den Verkehrsbürgermeister für die verschwendeten 70.000 Euro Steuergeld. "Die Straßenverkehrsbehörde hat sich wie ein Elefant im Porzellanladen benommen und sehenden Auges trotz aller Warnungen stur an ihrem Irrweg festgehalten. Äußerungen der grünen Stadtratsfraktion, wonach Autofahrer einfach eine halbe Stunde früher aufstehen sollten, waren an Zynismus und Abgehobenheit nicht zu überbieten und sorgen für einen nachhaltigen Schaden", so Zastrow. Er fordert, dass die Stadt die Markierungen deutlich früher als den 28. April entfernt.

Die Fraktion "Freie Wähler" kritisierte am Mittwoch scharf die Ankündigung der Landeshauptstadt, den Verkehrsversuch noch bis Ende April laufen zu lassen. Dazu Torsten Nitzsche, der verkehrspolitische Sprecher: "Wir fordern das sofortige Ende des Verkehrsversuches und die unverzügliche Beseitigung der Radspur. Weitere zehn Tage Chaos am Blauen Wunder sind unzumutbar!"