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  • Ein Teil der Brücke hängt nach dem Einsturz deutlich durch.

Debatte nach Einsturz - Brückenschäden seit 2019 bekannt!

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Der Einsturz der Dresdner Carolabrücke hat eine deutschlandweite Debatte um die Sicherheit der Brücken ausgelöst. Experten fordern eindringlich weitreichende Investitionen. Es sei bereits fünf nach Zwölf, so der Tenor.

Im Fall der Carolabrücke steht nun die Frage im Raum, wer die Verantwortung für das Desaster übernimmt. Der Brückeneinsturz bringt auch die Dresdner Stadtpolitik in Erklärungsnot. Denn anscheinend waren die Schäden der Brücke bereits seit Jahren bekannt.

Schon im September letzten Jahres hatten die Freien Wähler im Stadtrat einen Bericht über den Zustand der Brücken beantragt, die linke Mehrheit im Rat lehnte den Vorschlag aber ab, auch mit der Stimme des Oberbürgermeisters. Offenbar, weil der Antrag von der falschen Seite kam. Dem verantwortlichen grünen Baubürgermeister seien Verkehrsversuche wichtiger als Brückensanierungen, kritisieren die Freien Wähler.

Oberbürgermeister Dirk Hilbert hat sich bis jetzt nicht dazu geäußert. In der Stadtratssitzung am Donnerstagnachmittag soll das Thema nach dem Willen der Fraktionen mit auf die Tagesordnung. Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn sieht sich bereits mit Rücktrittsforderungen konfrontiert.

Audio:

Erklärungsversuche von Verkehrsbürgermeister Stephan Kühn

War Streusalz die Ursache?

Noch steht die Ursache nicht fest. Doch immer mehr Zeichen deuten darauf, dass der Einsturz am Streusalz liegen könnte. Das wurde über Jahrzehnte auf der Brücke eingesetzt, um sie im Winter eisfrei zu halten.

Doch die darin enthaltenen Chloride frasen sich offenbar immer tiefer in den Beton und den darunter liegenden Stahl. Dass die Abdichtung aus dem Jahre 1989 defekt war, wusste man, laut Stadtratsunterlagen, schon im Jahr 2019! Und so rostete vermutlich das Stahltragwerk immer mehr – bis es brach

Rückblick: So wurde im Stadtrat bislang zur Brücke entschieden

Doch warum dauert das so lange bis gehandelt wird?  Die wichtigsten Stadtratsbeschlüsse zur Sanierung des Brückenbogens C der Carolabrücke – der jetzt kollabiert ist – im Rückblick:

September 2019
Der Stadtrat berät die Finanzierung der gesamten Carolabrücke, da erhoffte Fördermittel nicht fließen. Als Begründung heißt es u.a.: „Infolge einer undichten Stadtentwässerungsanlage vor 1989 wurden große Mengen tausalzbelasteten Wassers in die Brücke eingetragen. Die vorhandenen Straßenbeläge und Abdichtungen sind nun erneut schadhaft. (…)Erreichen die Chloride den Spannstahl, kann es zur sogenannten chlorinduzierten Spannungsrisskorrosion kommen, die zum schlagartigen Versagen des Spannungsgliedes führt, was die Standsicherheit der Brücke gefährdet.“

Die Sanierung von Brückenzug A wird für 2019 avisiert. Sie erfolgt bis 2021 und kostet 5,7 Mio. Euro.

Januar 2021
Der Stadtrat beschließt auch die Sanierung des Brückenzuges C, die Vorplanung dafür musste durch 7 Gremien (u.a. Stadtbezirksbeirat, Büro OB, Ausschüsse bis in den Stadtrat). 4,7 Mio. Euro sind vorerst dafür angesetzt, 2024 soll die Sanierung starten.

September 2023
Die Fraktion Freie Wähler im Stadtrat reicht einen Antrag ein, der Baubürgermeister möge einen Bericht über den Zustand aller 314 Brücken im Stadtgebiet abgeben. Der Stadtrat lehnte den Antrag mehrheitlich ab, weil der Aufwand die Verwaltung lahmlegen würde. Baubürgermeister Kühn erklärte jetzt dennoch auf Anfrage: „Fast alle Brücken haben einen Zustandsnote von 1 und 2, also ein sehr guter bzw. guter Zustand. Vier Prozent haben die Brückennote 3, wie das hier beim Zug C der Carolabrücke der Fall war. Deswegen war ja vorgesehen, nach der Sanierung von Brückenzug A und B auch ab Januar 2025 den Brückenzug C zu sanieren.“

Januar 2024
Der Stadtrat wird darüber informiert, dass die Entwurfsplanung für die Sanierung von Brückenteil C fertig ist. Die Kosten liegen mittlerweile bei 8,4 Mio. Euro. Die Finanzierung muss im Haushalt geklärt und die Bauleistung ausgeschrieben werden. 

April 2024
Der Finanzausschuss bewillig 8,4 Mio. Euro Eigenmittel der Stadt für die Brückensanierung im Teil C. Darunter sind auch Maut-Mittel des Bundes, die Dresden anteilig für die B170 bekommt, die über die Carolabrücke führt.

11. September 2024
Der Brückenzug C bricht kurz vor 3 Uhr nachts ein und kracht in die Elbe. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt. Eine Straßenbahn querte die Brücke nur wenige Minuten zuvor. Zwei Polizisten, die an der Synagoge Streife liefen, lösten den Notruf aus.

12. September 2024 
Auch der Rest der Brücke gilt weiter als einsturzgefährdet. Der Bereich ist weiträumig abgesperrt, die Sicherungsarbeiten laufen.