- So lag die Carolabrücke am 11. September letztes Jahr morgens im Fluss
- Prof. Marx erklärt an der Bruchstelle der Brücke den kaputten Spannstahl
Abschluss-Gutachten: Straßenbahn gab Carolabrücke den Rest
Brücken-Experte Prof. Steffen Marx von der TU Dresden hat am Mittwoch sein Abschlussgutachten zur Einsturzursache an der Dresdner Carolabrücke vorgestellt. Es besagt eindeutig: „Spannungsrisskorrosion im Spannstahl ist die Einsturzursache“, so Marx. Winzige Risse hätten sich bereits beim Verbauen des Spannstahls vor 50 Jahren gebildet und seien dann im Beton durch die Belastung der Brücke stetig größer geworden - bis der Spannstahl brach.
Das jedoch bis dahin unbemerkt, da das sichere Brücken-Prüfverfahren der Schallemmissionsmessung nicht zum Einsatz kam, aber auch nicht vorgeschrieben war. Das 800-seitige Gutachten wertete Bautagebücher aus den Siebziger Jahren, Fotos und sogar Daten von US-Sateliten von 2015 aus. „Dabei konnten wir schon sehen, dass ich der Teil C anders verformte als die anderen beiden Brückenteile“, so Marx.
Wetter und Bahn waren entscheidend
Doch neben dem schleichenden Tod der Brücke kamen in der Einsturz-Nacht des 11. September letzten Jahres noch zwei Faktoren zusammen: „Wir hatten in der Nacht einen drastischen Temperaturabfall. Dabei stand der Zug C (der eingestürzte Teil der Brücke, d.R.) unter besonderer Spannung. Und in diesen Spannungszustand ist dann die letzte Straßenbahn reingefahren“, so Marx. Sie sei nicht ursächlich, aber der Auslöser für den Einsturz gewesen. Die Linie 7 fuhr letztmalig 2:50 Uhr Richtung Neustadt über die Carolabrücke. „Wir haben alle nur Riesenglück gehabt, dass es dann noch 8 Minuten gedauert hat, bis die Brücke endgültig ins Wasser fiel“, erklärt Marx. Bei dem Einsturz kam niemand zu Schaden.
Lehre für andere Brücken
Aus dem Einsturz habe man gelernt, dass die einzige sichere Prüfmethode für Spannstahlbrücken die Schallemissionsmessung ist. Diese wurde mittlerweile auch an der Budapester Straße verbaut - bisher wurden noch keine Spannstahlbrüche dort registriert.
Da die Technik für diese Methode teuer ist, schlagen die Gutachter für andere Bauwerke dieser Art vor, zunächst eine Risikobewertung zu machen. Marx schätzt, dass dafür bundesweit über 1.000 Brücken infrage kommen. Das Monitoring sei eine sichere und preiswertere Methode als ein schneller Abriss und koste etwa 0,5 bis 1 Prozent einer Neubausumme.
Das Gutachten der Brücken-Experten ist öffentlich und kann auf der Webseite der Stadt Dresden eingesehen werden.